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Kiesgrube und Ladtagswahl -Update 11.04.2022

Was hat die Thematik Kiesgrube mit der Landtagswahl zu tun. Nicht viel, oder doch? Es ist nun schon fast ein Jahr her, dass ich die Unterschriftenliste zur Petition gegen den weiteren Kiesabbau in der Gemarkung Bourheim an die Vertreter der Kraistagsfraktionen übergeben habe. Diese zeigten zwar Verständnis für unser Anliegen, doch dabei ist es dann auch geblieben. Man sein nicht zuständig bekommt man seither aus dem Kreistag nur zu hören, es handele sich schließlich um landespolitische Gesetzgebung. Und da habe ich mir gedacht, es könnte doch gut sein, mal zu wissen, wie sich denn die Kandidaten im aktuellen Landtagswahlkampf in der Sache positionieren.

Also habe ich die einfach mal angeschrieben. Der Wortlaug variiert in der Ansprache leicht, aber im Grunde haben alle die gleiche Anfrage erhalten:

„Sehr geehrte Frau … / sehr geerhter Herr …,

zunächst möchte ich Ihnen zu Ihrer Kandidatur zur Landtagswahl gratulieren. Dies zeigt Ihren Willen, sich in der Landespolitik für unsere Region und ihre Menschen zu engagieren.

Als parteiloser Ortsvorsteher möchte ich heute an Sie herantreten und Ihnen von konkreten Ängsten der Wähler:innen im kleinen Ort Bourheim berichten und Sie gleichzeitig um eine Positionierung und das tatkräftige Engagement in dieser Angelegenheit bitten.

Leider signalisieren die kommunalen Politiker im Stadtrat und im Kreistag zwar einerseits Verständnis für die Sorgen der Menschen, verweisen aber klar darauf, dass Einflussmöglichkeiten dieser Ebenen fehlen und die legislativen Möglichkeiten klar beim Land liegen.

Worum geht es?

Die Fa. Siep Kieswerk GmbH & Co. KG hat in der Gemarkung Bourheim ein Abgrabungsvorhaben beantragt. Mit Genehmigung dieses Vorhabens würde – in Addition aller dann (also bei erfolgter Auskiesung auch der nun beantragten Fläche) durch Rohstoffgewinnung verbrauchten Flächen die Gemarkung Bourheim dann mehr als die Hälfte Ihrer gesamten Landfläche verloren haben. Der Tagebau Inden und bisherige Kiesabbauvorhaben waren nämlich in den vergangenen Jahren bereits sehr umtriebig.

Sie können sich sicherlich vorstellen, mit welchen Gefühlen die Bourheimer Bürger nach der  jahrzehntelangen Belastung durch den Braunkohletagebau einem nun neuen Vorhaben begegnen, welches nochmal für mehr als 20 Jahre mit einer unmittelbaren Belastung mit Staub und Lärm und darüber hinaus mit einer langfristigen Belastung für Fauna und Flora, die Grundwasserneubildung sowie das Mikroklima einhergeht.

Die Landesregierung hat die Aufstellung eines Regionalplanes mit dem „Teilplan Nichtenergetische Rohstoffe“ beschlossen. Die damit befasste Behörde hat diesen Plan auch bereits weit vorangetrieben aber dieser Plan ist noch nicht rechtskräftig. Im aktuellen Bearbeitungsstand dieses Planes hat die Bezirksregierung die nun zum Abbau beantragte Fläche ausdrücklich als nicht Ausweisungswürdig deklariert, weil die Rohstoffvorkommen hier nicht ergiebig genug sind.

Dies hindert aber den Antragsteller nicht daran, hier – und solange der Regionalplan noch keine Rechtskraft hat – ein Abgrabungsvorhaben zu beantragen.

Umso ärgerlicher, dass die mit vielen Steuergelder erstellte Expertise des Regionalplanes bei der Prüfung des Antrages offensichtlich unbeachtet bleibt.

Gerne möchte ich Ihnen bei Interesse das Vorhaben und die Bedenken der Bürger:innen in einem Ortstermin erläutern.

Wichtig wäre mir aber – wie bereits oben geschrieben eine Aussage von Ihrer Seite zu Ihrer persönlichen Position aber auch der Position Ihrer Partei in der Sache:

Unterstützen Sie das Vorhaben/den Antragsteller oder sind Ihnen die Menschen in Bourheim und der von Zerstörung bedrohte Lebensraum wichtiger?

Wollen Sie uns helfen das Projekt zu verhindern? Welche Möglichkeiten sehen Sie?

Ich denke z.B. dass ein von der Landespolitik ausgesprochenes Moratorium bis zur Rechtsgültigkeit des Regionalplanes ein adäquates und legitimes Mittel wäre, die Antragbearbeitung zu unterbrechen. In vielen anderen Rechtgebieten (z.B. Planfeststellungsbeschluss in der Bauleitplanung) werden schließlich Veränderungen unterbunden während übergeordnete Verfahren in Bearbeitung sind. Warum kann die Landespolitik dies in diesem Fall nicht umsetzen? Es ist doch klar abzusehen – und unser Fall ist da kein Einzelfall – dass die Kiesgrubenbetreiber hier noch schnell Tatsachen schaffen wollen, während ein politisch klar gewolltes Umdenken noch in Gesetze und Verordnungen gepackt werden muss.

Ich freue mich auf Ihre Reaktion, die ich gerne an die Bürger:innen von Bourheim weiterleite. Von dort werde ich nämlich immer wieder gefragt, warum „die Politik“ die Sorgen der Menschen vor Ort offensichtlich nicht ernst nimmt. Gerade mit Blick auf die Wahlbeteiligung bei der anstehende Landtagswahl gilt es m.E. einer weitergehenden Politikverdrossenheit der Wähler:innen entgegen zu treten.

Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Müller“

Soweit meine Anfrag. Nun liegen ersten Antorten vor, die ich hier in der Reihenfolge des Eingangs wiedergebe:

Zunächst die Anwort von Oliver Ollech (Bündnis 90/Die Grünen)

„Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Glückwünsche und Ihre Anfrage bzgl. der Kiesabgrabung in Jülich-Bourheim zu der ich gerne Stellung beziehen möchte.

Als jemand der seit über 30 Jahren in Jülich lebt, kandidiere ich für den Landtag, da ich mich ganz bewusst für die Belange der Bürgerinnen und Bürger insbesondere in unserer Region einsetzen möchte. Daher auch mein Slogan „Zuhören, verstehen, gemeinsam handeln.“.

Nach Jahrzenten des Braunkohletagebaus stehen wir nun mitten im Strukturwandel. 

Für mich bedeutet dies endlich die Menschen, die hier leben, in den Mittelpunkt zu stellen und nicht als erstes die Interessen einzelner Unternehmen zu verfolgen.

Gerade das Beispiel der Kiesabgrabung in Bourheim zeigt hier wieder die alte verkehrte Welt.

Jetzt kann ich natürlich nicht für die Politik einer schwarz-gelben Landesregierung sprechen, sondern vertrete als Politiker von Bündnis 90/Die Grünen ganz andere Interessen und Standpunkte:

  • Spätestens die Ereignisse von Blessem haben auch dem Letzten gezeigt: Der Abbau von Roh- und Baustoffen in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten, kann Leben und Eigentum von Menschen gefährden. Insofern ist es die Aufgabe einer neuen Landesregierung, die bestehenden Genehmigungen für Kiesgruben und Co. zu überprüfen, genauso wie die Regeln, nach denen in NRW neue genehmigt werden. Hierzu zählt auch das Vorhaben in Bourheim.
  • Neben der Gefährdung von Menschen (und hierzu gehört für mich nicht nur eine Katastrophe wie in Blessem, sondern auch die tägliche Belastung durch Lärm, Staub oder Verkehr) gilt es den Roh- und Baustoffabbau auch im Sinne des Natur- und Wasserschutzes einzudämmen.
    Das Ziel der Grünen in NRW ist es, dass der Trinkwasserschutz wieder Vorrang vor Interessen wie der Kalkstein-, Zement- und Kiesindustrie hat. Daher muss das Verbot des Rohstoffabbaus in allen Trinkwasserschutz- und Reservegebieten wieder in Kraft gesetzt werden.
  • Generell gilt es, die Abbauplanung zu reformieren und Rohstoffe für kommende Generationen zu bewahren. Die bisherige Praxis beim Abbau von Sand oder Kies führt letztlich dazu, dass die Rohstoffunternehmen einen Freifahrtschein für die Erschließung neuer Abbauflächen haben.
    Bevor über Neuabbau nachgedacht wird und dieser für Unternehmen wie die Firma Siep attraktiv ist, sollte zunächst über das Recycling von Baustoffen nachgedacht werden. Hier bedarf es der Vorgaben durch die Landepolitik.

Gerne möchte ich Sie und die Bourheimer in dieser Sache weiter unterstützen und würde mich auch über einen persönlichen Austausch freuen.

Ich sehe hier gemeinsame Interessen, die allerdings nur mit einem politischen Wandel in Düsseldorf erreicht werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Ollech“

Gefolgt von der Antwort von Dr. Patricia Peill (CDU)

„Sehr geehrter Herr Müller,

ich danke Ihnen sehr für Ihre Nachricht vom 11. März bezüglich der Kiesabgrabung in Jülich-Bourheim.

Die mögliche Kiesabgrabung in Jülich beschäftigt mich  – sowohl als Landtagsabgeordnete als auch als Mitglied im Regionalrat Köln. Im Zuge der auch von Ihnen erwähnten Aufstellung des neuen Regionalplans nehme ich dieses Thema sehr ernst. Wie Sie wissen, befindet sich der Entwurf des neuen Regionalplans derzeit in der öffentlichen Auslegung.

Bürgerinnen und Bürger sowie in ihren Belangen berührte öffentliche Stellen haben nun im Zeitraum vom 07.02.2022 bis zum 31.08.2022 Gelegenheit, zur Neuaufstellung des Regionalplans Stellung zu nehmen. Dazu will ich Sie gerne ermutigen (https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/leistungen/abteilung03/32/regionalplanung/beteiligung_regionalplanung/index.html).  

Ich werde mich gleichzeitig sehr bemühen, in der aktuelle angespannten Lage zwischen den Problemen der energetischen Versorgungssicherheit, dem wichtigen Auftrag der Ressourcenschonung sowie den Preisspiralen in allen Bereichen für diese Idee eines Moratoriums in Bourheim einzusetzen.

Der Kiesabbau hat zwar die Offenlage schon abgeschlossen, ist aber noch nicht entschieden in der BReg, so wie ich nachgehört habe. Da kann Jülich sich vielleicht nochmals stark machen.

Ich hoffe wirklich sehr, dass eine Lösung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in Bourheim hier gefunden werden kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Patricia Peill MdL“

Weitere Antworten liegen bisher nicht vor, werden aber zügig nach Eingang hier ergänzt.

Hier die Antwort von Ingrid Schütten (SPD)

Lieber Herr Müller,   ich danke Ihnen ganz herzlich für die Glückwünsche und die wertvollen Informationen zum Kiesabbau in Bourheim.   Die SPD-Landtagsfraktion hat Anfang 2022 einstimmig das Positionspapier „Ressourcen schonen, Flächen schützen, Heimat bewahren – NRW braucht eine Rohstoffstrategie!“ beschlossen. Darin legt die NRW-SPD fest, wie sie einen Ausstieg aus dem Abbau von Kies und Sand in Zukunft möglich machen möchte.   Sie reagiert damit auf den Protest aus der Bürgerschaft, der auch in meinen Augen voll und ganz zu unterstützen ist. Der Schutz unserer Umwelt, unserer Natur und der Lebensqualität der Menschen sind mir eine Herzenssache. Dafür möchte ich mich im Landtag mit ganzer Kraft einsetzen. Ich wehre mich dagegen, der Rohstoff-Industrie noch mehr Abbauflächen zur Verfügung zu stellen.   Als Landtagsabgeordnete werde ich eine grundsätzliche Wende einfordern, die letztlich zum Kies-Ausstieg in NRW führen muss. Dafür brauchen wir eine Ausstiegsperspektive wie bei der Kohle.  Ich setze hier ganz stark auf die Unterstützung der Forschung, die bereits zukunftsweisende Ergebnisse zum Thema Recycling in der Bauwirtschaft und zu alternativen Baustoffen vorlegen kann.  So können wir die Umwelt UND die Industrie sichern.   Sehr gerne können wir in einem persönlichen Gespräch meine Unterstützungsmöglichkeiten für die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner ausloten. Ebenso freue ich mich auf einen Austausch mit den betroffenen Bourheimerinnen und Bourheimern.   Herzliche Grüße, Ingrid Schütten